Trump bleibt noch mindestens 4, höchstens aber 36 Monate im Amt – sagt die Statistik

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Schön wäre es natürlich, wenn die kürzere Prognose eintritt. Und unter welchen Bedingungen gilt diese Vorhersage? Sie macht sich ein Prinzip zu Nutze, das unterschiedlich benannt wird. Am treffendsten ist wohl die Beschreibung als anthropisch-kopernikanisches Prinzip, die von Gott (dem Physiker, Richard III) stammt. Es ermöglicht die statistische Berechnung der zukünftigen Existenz von Phänomenen, von denen nur eine Sache bekannt sein muss: Die Dauer ihrer bisherigen Existenz. Das ist eine sehr intensive Ausnutzung einer spärlichen Information (einer einzigen Zahl), die aber zu verblüffenden Vorhersagen führen kann. Insofern passt dieser Blogpost wunderbar in die lose Reihe der Beiträge hier, die sich mit Entscheidungen in unsicheren Situationen befassen 😉 . Solche Vorhersagen sind aber an eine strikte Voraussetzung gebunden: Der Zeitpunkt der Beobachtung, die zur Vorhersage genutzt wird, muss zufällig sein. Richard Gott hat damals mit einer 50% Wahrscheinlichkeit den Fall der Berliner Mauer richtig vorausgesagt. Und das ging so: Er hatte die Mauer 8 Jahre nach ihrem Bau besucht und er hatte Grund zu der Annahme, dass der Zeitpunkt seines Besuches bezogen auf die Mauer von vollkommen zufälliger Natur war. Davon hat das Vorhersageprinzip seinen Namen. Kopernikus hat bewiesen, dass der menschliche Standpunkt nicht herausgehoben, sondern zufällig ist: Weder die Sonne, geschweige denn die ganze Welt kreist um die Erde.

Diese spezifische Auffassung von Zufälligkeit hat Gott (also Richard III) auf seine Beobachtung der Mauer bezogen. Damit hatte er den Ansatzpunkt für seine spannende Methode gesetzt: Die Mauer wurde zum Zeitpunkt t0 (bekannt) gebaut, zum Zeitpunkt t1 (unbekannt) wird sie nicht mehr existieren, und zufällig beobachtet wurde sie 8 Jahre nach ihrem Bau an t0.

Wie lange würde sie also noch stehen? Richard Gott wollte mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% die Zukunft der Mauer vorhersagen, und das geht so: Wenn sein Beobachtungszeitpunkt zufällig war, dann liegt er mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit in den beiden mittigen Vierteln der Gesamtlebensdauer der Mauer.

Kopernikanische Argumente für 50%, 90% und 95% Wahrscheinlichkeit (erweitert nach Gott 2003, S. 246)

Damit kann man den Rest leicht ausrechnen: Für eine Beobachtung am „kurzen“ Ende dieses 50%-Intervalls würde die Mauer noch 1/3 der bisherigen Zeit, also noch etwa 2,7 Jahre bestehen. Läge seine Beobachtung am „langen“ Ende des Intervalls, würde die Mauer noch 3 mal  so lange wie bisher, also 24 Jahre, bestehen. Die Mauer fiel im vorhergesagten Zeitpunkt. Das Rechenbeispiel mit der 50%igen Wahrscheinlichkeit macht das Begreifen des Prinzips leichter, obwohl eine solche Vorhersagegenauigkeit natürlich oft nicht genügen mag. In der Wissenschaft rechnet man mit anderen Wahrscheinlichkeiten, in den Sozialwissenschaften z.B. oft mit der 95%igen Wahrscheinlichkeit, um Annahmen zu bestätigen oder zu verwerfen. Es ist aber problemlos möglich, auch solche höheren Wahrscheinlichkeiten mit diesem Prinzip zu berechnen – die Spannbreite der Prognose wird dabei einfach größer. Für das in den Sozialwissenschaften verwendete 95%ige Wahrscheinlichkeitsniveau gilt dann z.B., dass das beobachtete Phänomen noch mindestens 1/39, aber höchstens das 39fache der bisher beobachteten Zeit weiterexistiert.

Mit diesem Prinzip lässt sich also die Dauer der Präsidentschaft von Trump voraussagen. Da ich beim Schreiben dieses Artikels lediglich nach einem interessanten, aber beliebigen Beispiel gesucht habe, kann mein Zeitpunkt der Beobachtung seiner Präsidentschaft als zufällig gelten. Er ist nun ca. 12 Monate im Amt, damit besteht eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass er noch weitere 4, aber nicht mehr als 36 Monate die Welt mit seiner Präsidenten-Twitterei und Atomknopf-Hybris belästigen wird. Mit denselben Voraussetzungen lässt sich auch mit 95%iger Wahrscheinlichkeit prognostizieren, dass Trump noch mindestens 0,3, aber höchstens weitere 468 Monate Präsident sein wird 🙂 .

Und nun könnt ihr mit dem untenstehenden Rechner vorhersagen, was das Zeug hält. Wenn ihr eine besonders lustige Vorhersage gemacht habt, könnt ihr diese ja mailen/posten. Wenn genügend zusammenkommt, ist das Stoff für einen eigenen Beitrag, inklusive der Diskussion, ob das Prinzip der zufälligen Beobachtung eingehalten wurde.

Literatur zum Weiterlesen: Richard Gott (2003): Zeitreisen in Einsteins Universum.

PS: Wer sich für die Sache vertiefend interessiert, findet eine spannende (und unabgeschlossene Diskussion) zu Richard Gotts Ansatz (der relativ zeitgleich noch von anderen publiziert wurde). Sie lässt sich am besten unter dem Doomsday-Argument recherchieren. Es geht dabei nicht um die Rechnung an sich – die ist einfach und nicht angreifbar, sondern um die Voraussetzungen ihrer Anwendbarkeit. Doomsday bedeutet hier Weltuntergang, auch der lässt sich nämlich vorhersagen, wenn man voraussetzt, dass unser gegenwärtiger Zeitpunkt, an dem wir die Welt beobachten, zufällig ist. So gedacht kommt man z.B. auch darauf auszurechnen, dass Homo Sapiens seit etwa 200 000 Jahre existiert, also mit 95%iger Wahrscheinlichkeit noch mindestens 5130, aber längstens noch 7,8 Millionen Jahre vorkommen wird. Weiterhin habe ich kalkuliert, dass meine Hochschule (bisher 45 Jahre existent) mit 50%iger Wahrscheinlichkeit noch mindestens 15, maximal aber 135 Jahre vorhanden sein wird, der von mir geleitete Studiengang hingegen (10 Jahre bestehend) noch mindestens 3,3 und maximal 30 Jahre. Nun gut, Schluss jetzt. Das Ganze nahm seinen Ausgang bei einer statistischen Übung, da sieht man mal, wo das alles hinführt…

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