Warum stellen sich viele Menschen aus der Beratungs- und Therapiecommunity mit solchen Sätzen vor? Warum werden also Personen und nicht Institutionen oder Wissen und Können aufgerufen? In anderen Kontexten sagt man ja eher “ich habe in Stanford studiert” oder “ich bin SpezialistIn für das Thema XY”. In einem essayistischen Buchbeitrag gehen Petra Bauer und ich dieser Frage nach und stellen lehrende TherapeutInnen als bedeutsame Sozialfiguren dar, die sehr spezifische Legitimations- und Vermittlungsfunktionen rund um beraterisch-therapeutisches Wissen und Können erfüllen. Gerade in Zeiten der Zertifizierung, Kompetenzbilanzierung und vermeintlichen Verwissenschaftlichung handlungswissenschaftlicher Domänen scheint uns in diesem Zuge eine erziehungswissenschaftliche Besinnung auf die personengebundenen Aspekte von Wissen und Können bedeutsam, die sich nicht beliebig durch die Flipchartisierung von (Aus)Bildung substituieren lassen. Dieser Gedanke ist zwar aus unserer Sicht in handlungswissenschaftlichen Domänen besonders bedeutsam, geht im übrigen aber einher mit generalisierten Ergebnissen zu Untersuchungen von Gelingensfaktoren von Lehre. So hat auch Hattie in seiner (leider oft falsch rezipierten) Studie kompetentes Lehrerhandeln als größten positiven Einflussfaktor auf gelingende Wissensbildungsprozesse isoliert.
Der Artikel ist im Sammelband “Beratung lehren” von Dirk Rohr, Annette Hummelsheim und Marc Höcker erschienen, der “Erfahrungen, Geschichten, Reflexionen aus der Praxis von 30 Lehrenden” zugänglich macht. Im Buch finden sich durchweg spannende Reflexionen, die in wohltuender Weise einmal fern von Forschungsmethoden, Zahlenwerk und Interviewauswertungen über personengebundene Aspekte der Vermittlung von Beratungskompetenz Auskunft geben – und gerade deshalb von Lehrenden, Lernenden und WissenschaftlerInnen gelesen werden sollten.