Kindheit(en) und Räume aus kinderrechtlicher Perspektive: Nachlese zum Fachtag

Ausstellung zur Kinderrechtskonvention

Vorgestern hat der Fachtag zu Kinderrechten: Kindheit(en) und Räume aus kinderrechtlicher Perspektive stattgefunden. Er war als transdisziplinäre Veranstaltung konzipiert und hat die Debatte um Kinderrechte mit dem Diskurs um Räume und ihre Auswirkungen auf Kindheit(en) verbunden. Die Beschäftigung mit Kinderrechten nimmt seit einigen Jahren kontinuierlich an Fahrt auf, hat aber trotz ratifizierter Abkommen wie der UN-Kinderrechtskonvention oder der ganz neu entwickelten Hessischen Kinderrechte-Charta weiterlesen

Die “Profession” der Kindheitspädagogik und ihr Recht auf den eigenen Tod

Guckst du: Wer die gesamte (pädagogische) Welt von Kindern außerhalb der Schule für sich vereinnahmt, wird trotzdem und gerade nicht zur Profession. (Bild: pixabay)

Vor etwas mehr als einer Dekade hat sich ein neuer Diskurs um die Akademisierung von Personal entwickelt, das für die Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Elementarbereich zuständig ist. Das schlechte Abschneiden bei PISA und der Drang zur Akademisierung von Berufen, die bisher an Fachschulen gelehrt wurden (neben den ErzieherInnen auch KrankenpflegerInnen), haben damals ein neues Sprechen über die Bedeutung frühkindlicher Lern- und Bildungsprozesse geformt. Dieser intensivierte Diskurs war sicherlich politisch unausweichlich, aber in der Sache doch auch geboten – schließlich gibt es keinen ernsthaften Grund, eine wichtige Lebensphase menschlicher Existenz in Punkto Bildung und Erziehung handlungswissenschaftlich unbestellt zu lassen. Viel gute Forschung und daraus resultierendes Wissen lag schon vor, noch mehr sollte folgen, und nun brauchte es einen Container, um das schemenhaft am Horizont auftauchende akademische Berufsfeld zu benennen.

Der/die KindheitspädagogIn war geboren, bald auch mit staatlicher Anerkennung auf Empfehlung (nicht: Anweisung und Regulierung, übrigens) des Familienministeriums. Soweit, so gut – es schien ziemlich überzeugend möglich, passende Wissensbestände zu einem Curriculum zusammen zu fügen, das zumindest eine hohe Augenscheinvalidität verspricht: Ein guter Mix aus erziehungswissenschaftlicher Theorie zu Lernen und Bildung, Entwicklungspsychologie, ein wenig Medizin, Soziologie, um Institutionen und Organisationen von Kindheit(en) zu verstehen, Recht und Verwaltung – prima soweit. Allerdings, etwas curricular geschulten LeserInnen wird die Aufzählung wenig innovativ vorkommen. Denn, richtig, es sind auch die akademischen Bestandteile eines Sozialpädagogikstudiums, natürlich fokussiert auf die Lebensphase Kindheit. Die Kindheit wird dabei meist großzügig ausgelegt, in der Regel bis 18, denn das sagt die UN-Kinderrechtskonvention. Es handelt sich also um ein Sozialpädagogikstudium mit Schwerpunkt Kindheit und Jugend und den zugehörigen Institutionen und Organisationen.

Es wäre nun aus Sicht von Wissensbildungsprozessen auf personaler und organisationaler Ebene gar nichts daran auszusetzen, von KindheitspädagogInnen als Beruf zu sprechen.

Allerdings scheint die “Szene” gerade einen fulminanten Fehler zu machen: Sie beginnt, sich selbst als Profession zu thematisieren und will dabei gleich noch eine akademische Disziplin miterfinden – so wie es Medizin, Theologie und Juristerei vermeintlich vormachen. Dabei geht sie in der Sache unlogisch und gesichertes Wissen ignorierend vor, denn: Sie durchläuft dabei alle Fallen, in die die Soziale Arbeit bereits getappt ist, wenn eine diffuse, lebensweltlich gegebene Aufgabe (hier: Erziehung und Bildung) in einen vermeintlichen Spezialjob, der NUR von Fachleuten einer bestimmten Profession zu erledigen sein soll, umgedeutet wird. Von einer klassischen Profession der Kindheitspädagogik – egal welche Professionstheorie man anlegt – kann nämlich gar keine Rede sein: Es gibt kein exklusives Sonderwissen, und schon gar keinen gesellschaftlich legitimierten Alleinzugriff auf die Sache Kindheit(en), der KindheitspädagogInnen zugestanden werden könnte. Um dies zu verdeutlichen, kann man die gesamte, im Prinzip als abgeschlossen geltende Debatte um den Nicht-Professionsstatus Sozialer Arbeit als argumentatives Lehrstück heranziehen:

  • das Versteifen auf (Kinder)rechte: Kinderrechte und ihre pädagogische Durchsetzung im Alltag, so könnte man meinen, begründen ein Alleinstellungsmerkmal, auf das KindheitspädagogInnen sich zurückziehen können. Ein Irrtum, denn für Rechte ist die Profession der Juristerei zuständig, und es hat schon für die Soziale Arbeit mit der wahnwitzigen Idee des Besetzens einer Menschenrechtsprofession nicht geklappt, einem helfenden Beruf mit Bezug auf die Deutungsmacht von Recht zur Bedeutungsaufwertung

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