Was ist der Fall in der Fort- und Weiterbildung für systemische Beratung und Therapie?

2 Min. Lesezeit

“Was ist der Fall? Und was steckt dahinter? – Diagnosen in systemischer Theorie und Praxis” ist das Motto eines spannenden Kongresses von Wilhelm Rotthaus, Tom Levold, Matthias Ohler, Hans Lieb und Bernhard Trenkle. Die Organisation durch interessierte Einzelpersonen und nicht durch Verbände hat ermöglicht, dass sich ganz unterschiedliche Standpunkte und Kontroversen getroffen haben. Mir hat mein Workshop (aka Vortrag mit Diskussion) sehr viel Spaß gemacht, weil die Veranstalter mir erlaubten, dem Diagnosethema einen ziemlichen Dreh zu verleihen. Interessiert haben mich nämlich hier weniger der (intellektuell sehr anregende) Diskurs um Chancen und Grenzen von Diagnosen als Beobachtungen erster und zweiter Ordnung oder die sozialpolitischen Konsequenzen des Diagnostizierens, sondern die Frage: Wer diagnostiziert eigentlich die Diagnostiker? Wissen wir genug über Lern- und Bildungsprozesse hin zur Beratungs- und Therapiefachkraft? Haben wir ausreichende Orientierung darüber, wie wir systemische Fachleute ausbilden sollen?

Gerade mit der zunehmenden Anerkennung und Etablierung des systemischen Denkens rückt für mich die Frage in den Vordergrund, ob das Ausbildungswesen Schritt halten kann. So gibt es u.a. bezüglich der Übertragung von Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Evaluationsstudien die Frage, inwiefern der “Pioneering Spirit” derjenigen Berater*innen und Therapeut*innen, die in diesen Studien mitarbeiten, einen Beitrag zum Ergebnis leisten, der später nicht ohne weiteres übertragbar ist. Denn logischerweise sind Studientherapeut*innen- und Berater*innen in der Regel hochgradig affiziert von ihrem Verfahren, das sie sich in der Regel in mehrjährigen komplexen Lern- und Bildungsprozessen, oft unter Nutzung herausfordernder Fälle und Kontexte, angeeignet haben.

Bieten wir unseren Ausbildungskandidat*innen ähnlich spannende Lern- und Bildungsarrangements? Wird es vielleicht gar Zeit, über eine konsistente, bildungstheoretisch fundierte Didaktik der Beratungs/Therapiefort- und weiterbildung nachzudenken? Insbesondere dann, wenn gerade diskutiert wird, die Therapeut*innenausbildung wieder an die Hochschulen zurück zu holen?

Die Diskussion im Workshop hat hier gezeigt: Es gibt gute Ideen, wichtige kritische Stimmen – und das Thema ist derzeit nicht genügend bearbeitet. Wer nachlesen mag: Den Foliensatz gibt´s auf Researchgate und im Downloadbereich.

Weitersagen:

Schreibe einen Kommentar