Fachkraftsubjekt und Theorie: Warum Soziale Arbeit mehr Professionalisierungsforschung braucht

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Wenig systematisch untersucht: Entstehung von Professionalität auf Seiten der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit. Foto: GDJ/pixabay, CC0

Wer sich mit der Professionalisierung unterschiedlicher pädagogischer Tätigkeiten befasst, der stößt im Vergleich der Professionalisierungsdiskurse auf erstaunliche Unterschiede. Diese zeigen sich zunächst in Äußerlichkeiten: In der Lehrer*innenbildung existiert beispielsweise an jeder größeren Hochschule mindestens eine Professur, die sich mit Professionalisierung befasst. Professionalisierung ist hier im allgemeinen Sinne der Frage gemeint, wie die unterschiedlichen Wissenselemente (Fachwissen, Fachdidaktisches Wissen, pädagogisch-diagnostisches Wissen, Praxiserfahrungen) in Lern- und Bildungsprozessen so angeeignet und integriert werden können, dass professionelles Handeln entsteht. Im Zuge von Programmen, z.B. der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des BMBF, sind zusätzlich an vielen Hochschulen Zentren entstanden, die das Thema Lehrer*innenprofessionalisierung mit enormem Engagement weiter betreiben. Diese institutionellen Korrelate der Befassung mit Professionalisierung verweisen wechselseitig auf den stringent entfalteten Publikationsdiskurs über professionelles Lehrer*innenhandeln und seine Genese.

Ganz anders in der Sozialen Arbeit: In der gesamten BRD existiert kein einziges Zentrum in irgendeiner Form, das sich ausschließlich, konsistent und intensiv mit Sozialpädagog*innenprofessionalisierung befasst. Diese Leerstelle institutioneller Inszenierung steht aber wie das konstrastierende Pendant der Lehrer*innenbildung auch für einen bestimmten Diskurs über Professionalisierung in der Sozialen Arbeit. Dieser ist extrem parzelliert und durch keine zusammengehörigen Diskurslinien über Forschungsprogramme und Zugänge verbunden. Vielmehr erscheint es so, dass zu jeder Theorie Sozialer Arbeit im besten Fall nur kursorische Bemerkungen vorhanden sind, wie sie sich in der Aneignung der Professionellen und der späteren Anwendung herstellen soll. Irritiertenderweise gilt dies sogar für diejenige Theorien, die explizit z.B. auf die Subjekthaftigkeit von Prozessen in der Sozialen Arbeit abstellen, z.B. Agencytheorien, Lebensweltkonzepte etc.

Subjekte, das scheinen in der Sozialen Arbeit mehrheitlich immer die Adressat*innen zu sein, wobei häufig zurecht gefordert wird, die Welt der Sozialen Arbeit gerade nicht in einer bestimmten Weise zu „klientifizieren“. Im Gegenzug entsteht dann nicht selten ein selbstverliebter Umgang mit Theorie, ablesbar in einer Vielzahl von Konzepten kleiner und mittlerer Reichweite. Damit soll aber nun keineswegs der Theorieentwicklung das Wort geredet werden, im Gegenteil. Es bräuchte als Gleichgewicht aber mehr und stringentere Beschäftigung mit der Frage, wie denn die Theorien Fachkräfte handlungsbefähigen können.

Wir brauchen also schlicht mehr Professionalisierungsforschung in der Sozialen Arbeit – und es ist doch schön, dass diese sich gerade in einem größer werdenden Netzwerk an unterschiedlichen Standorten konsolidiert. Quasi eine Community of Practice sozialpädagogischer Wissensbildung.

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