Letzte Woche hat die Universität Tübingen wieder ihre Pforten zum sogenannten Tübinger Fenster für Forschung geöffnet. Diese Veranstaltung bietet allgemein verständliche und interaktive Einblicke in die Tübinger Spitzenforschung. Wir waren mit unserem innovativen Professionalisierungsprojekt ProfiL (Professionsbezogene Beratung im Lehramtsstudium) mit einem Poster vertreten.weiterlesen
Am vergangenen Mittwoch haben Petra Bauer und ich im Rahmen der WegE-Lectures an der Uni Bamberg unser ProfiL-Projekt vorgestellt. Vor allem zu unserem Konzept der Entwicklungsaufgaben gab es in der Diskussion mit Kolleg*innen und Student*innen einen spannenden Austausch.
Interessanterweise haben sich an der Diskussion auch Kolleg*innen, die nicht primär aus der Lehrer*innenbildung kommen, beteiligt. Für mich ist das deshalb immer besonders aufschlussreich, weil in der vergleichenden Betrachtungweiterlesen
Heidrun Schulze, Davina Höblich und Marion Meyer geben einen interessanten Sammelband zu Macht – Diversität – Ethik in der Beratung heraus, der bald bei Barbara Budrich erscheint. Ich durfte einen Beitrag zu “Professionalität – Kompetenz – Expertise? Anspruch und Wirklichkeit von Deutungsfolien sozialpädagogischer Handlungsfähigkeit am Ende des Studiums” beisteuern. Der Text bündelt die Desiderate verschiedener empirischer Studien unter der Frage ob das, was wir sozialpädagogischen Fachkräften am Ende des Studiums mitgeben ausreicht, um in den spannungsreichen Erbringungsverhältnissen Sozialer Arbeit kompetent zu handeln. Es wundert vermutlich nicht, dass im Kontext gestufter Studiengänge der BA-Abschluss in seiner Lesart als primär berufsqualifizierend hier kritisch gesehen werden muss. Folgt man diesem Gedanken, kommt man bei zunächst altbekannten Fragen (sozial)pädagogischer Professionalisierung heraus, die allerdings in einem veränderten Licht erscheinen, wenn Fragen nach Handlungsermächtigung und Handlungsbefähigung konsequent daraufhin neu untersucht werden, ob alle, die “dürfen und wollen, auch können”, wie mein Doktorvater Siegfried Müller (Müller 2001) mit der dem Soziologen zugehörigen kritischen Perspektive auf sozialpädagogisches Tun immer zu fragen pflegte. Daran wiederum schließt sich die Frage an, ob das akademische Ausbildungswesen sein zugehöriges Mandat einer guten (Aus)bildung von Sozialprofessionellen flächendeckend sieht und ernst nimmt. Akademische Bildungsgänge sollten sich hierzu kritisch selbst befragen und befragen lassen, ob sie die im Kontext Sozialer Arbeit adaptierten und entwickelten Instrumente einer kritischen Analyse von Macht, Machverhältnissen und daraus resultierenden Dilemmata und Paradoxien auch bezogen auf die Hervorbringung des eigenen Nachwuchses ausreichend anwenden.
Vor etwas mehr als einer Dekade hat sich ein neuer Diskurs um die Akademisierung von Personal entwickelt, das für die Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Elementarbereich zuständig ist. Das schlechte Abschneiden bei PISA und der Drang zur Akademisierung von Berufen, die bisher an Fachschulen gelehrt wurden (neben den ErzieherInnen auch KrankenpflegerInnen), haben damals ein neues Sprechen über die Bedeutung frühkindlicher Lern- und Bildungsprozesse geformt. Dieser intensivierte Diskurs war sicherlich politisch unausweichlich, aber in der Sache doch auch geboten – schließlich gibt es keinen ernsthaften Grund, eine wichtige Lebensphase menschlicher Existenz in Punkto Bildung und Erziehung handlungswissenschaftlich unbestellt zu lassen. Viel gute Forschung und daraus resultierendes Wissen lag schon vor, noch mehr sollte folgen, und nun brauchte es einen Container, um das schemenhaft am Horizont auftauchende akademische Berufsfeld zu benennen.
Der/die KindheitspädagogIn war geboren, bald auch mit staatlicher Anerkennung auf Empfehlung (nicht: Anweisung und Regulierung, übrigens) des Familienministeriums. Soweit, so gut – es schien ziemlich überzeugend möglich, passende Wissensbestände zu einem Curriculum zusammen zu fügen, das zumindest eine hohe Augenscheinvalidität verspricht: Ein guter Mix aus erziehungswissenschaftlicher Theorie zu Lernen und Bildung, Entwicklungspsychologie, ein wenig Medizin, Soziologie, um Institutionen und Organisationen von Kindheit(en) zu verstehen, Recht und Verwaltung – prima soweit. Allerdings, etwas curricular geschulten LeserInnen wird die Aufzählung wenig innovativ vorkommen. Denn, richtig, es sind auch die akademischen Bestandteile eines Sozialpädagogikstudiums, natürlich fokussiert auf die Lebensphase Kindheit. Die Kindheit wird dabei meist großzügig ausgelegt, in der Regel bis 18, denn das sagt die UN-Kinderrechtskonvention. Es handelt sich also um ein Sozialpädagogikstudium mit Schwerpunkt Kindheit und Jugend und den zugehörigen Institutionen und Organisationen.
Es wäre nun aus Sicht von Wissensbildungsprozessen auf personaler und organisationaler Ebene gar nichts daran auszusetzen, von KindheitspädagogInnen als Beruf zu sprechen.
Allerdings scheint die “Szene” gerade einen fulminanten Fehler zu machen: Sie beginnt, sich selbst als Profession zu thematisieren und will dabei gleich noch eine akademische Disziplin miterfinden – so wie es Medizin, Theologie und Juristerei vermeintlich vormachen. Dabei geht sie in der Sache unlogisch und gesichertes Wissen ignorierend vor, denn: Sie durchläuft dabei alle Fallen, in die die Soziale Arbeit bereits getappt ist, wenn eine diffuse, lebensweltlich gegebene Aufgabe (hier: Erziehung und Bildung) in einen vermeintlichen Spezialjob, der NUR von Fachleuten einer bestimmten Profession zu erledigen sein soll, umgedeutet wird. Von einer klassischen Profession der Kindheitspädagogik – egal welche Professionstheorie man anlegt – kann nämlich gar keine Rede sein: Es gibt kein exklusives Sonderwissen, und schon gar keinen gesellschaftlich legitimierten Alleinzugriff auf die Sache Kindheit(en), der KindheitspädagogInnen zugestanden werden könnte. Um dies zu verdeutlichen, kann man die gesamte, im Prinzip als abgeschlossen geltende Debatte um den Nicht-Professionsstatus Sozialer Arbeit als argumentatives Lehrstück heranziehen:
das Versteifen auf (Kinder)rechte: Kinderrechte und ihre pädagogische Durchsetzung im Alltag, so könnte man meinen, begründen ein Alleinstellungsmerkmal, auf das KindheitspädagogInnen sich zurückziehen können. Ein Irrtum, denn für Rechte ist die Profession der Juristerei zuständig, und es hat schon für die Soziale Arbeit mit der wahnwitzigen Idee des Besetzens einer Menschenrechtsprofession nicht geklappt, einem helfenden Beruf mit Bezug auf die Deutungsmacht von Recht zur Bedeutungsaufwertung